Berlin (BDL) In der Vergangenheit wurden die Steuerakten von Bürgern zumeist nach dem Eintritt in den Ruhestand geschlossen. Mit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes im Jahre 2005 sind wieder mehr Rentner von der Besteuerung betroffen. Zahlungen aus Rentenkassen und Versorgungswerken berücksichtigte das Finanzamt zuvor meist nur mit 27 Prozent, nunmehr sind es mindestens 50 Prozent und damit fast das Doppelte. Allein im Jahr 2005 rutschten rund 1,3 Mio. Ruheständler erstmals in die Steuerpflicht. Darauf weist der BDL Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine, Berlin, hin.
Die Rentenversicherungsträger sind heute verpflichtet, die Höhe der Renten in Form von so genannten Rentenbezugsmitteilungen automatisch online an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) in Brandenburg an der Havel mitzuteilen. Diese gesetzliche Verpflichtung zur flächendeckenden Information an den Fiskus, was sie seit 2005 an ihre Empfänger ausbezahlen, betrifft nicht nur öffentliche und private Rentenkassen und Versorgungswerke, sondern auch private Lebensversicherer.
In den letzten Jahren wurden so Informationen von Renten- und Pensionskassen, Versorgungswerken und Lebensversicherern gesammelt. Die Behörde kennt jeden Ruheständler – und weiß, was er an gesetzlichen und privaten Renten kassiert.
In einer ersten Phase haben die Wohnsitzfinanzämter in den letzten zwei Jahren Rentner und Pensionäre geprüft, die für die Jahre 2005 bis 2009 bereits eine Einkommensteuererklärung abgegeben haben, aber möglicherweise nicht alle Renten oder Pensionen erklärt hatten.
Zurzeit nehmen die Behörden in Nordrhein-Westfalen Rentner ins Visier, die den ZfA-Daten zufolge steuerpflichtig sind, sich aber bisher nicht gemeldet haben. Wenn die Auswertung ergibt, dass gegebenenfalls Steuern zu zahlen sind, werden die Rentner aufgefordert, eine Steuererklärung abzugeben – im Zweifel ab 2005. Was seit Jahren angedroht war, wird in diesen Wochen Realität.
Damit nicht genug. In wenigen Monaten beginnt Phase drei: Von 2013 an tritt schrittweise die neue EU-Amtshilferichtlinie in Steuerangelegenheiten in Kraft, die den automatischen Informationsaustausch deutlich ausweitet.
EU-Mitgliedsstaaten informieren den deutschen Fiskus dann künftig nicht nur über Zinseinnahmen, die Deutsche dort erzielen, sondern auch über weitere Einkünfte – etwa aus Lebensversicherungen und Pensionen. Dann können Senioren dem Fiskus keine Einkünfte mehr vorenthalten, indem sie das Geld auf ein Konto im Ausland übertragen.
Erich Nöll, Geschäftsführer des BDL erklärt: Auch Rentner, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben und aus Deutschland eine Rente beziehen, können sich der Besteuerung nicht mehr entziehen. Hierzu wurde eigens ein Finanzamt in Neubrandenburg eingerichtet, das bundesweit dafür zuständig ist, Rentner zu ermitteln, die ihren Wohnsitz in Länder verlegt haben, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht und in denen der deutsche Fiskus das Besteuerungsrecht für aus Deutschland gezahlte Renten hat. Den Betroffenen kann nur geraten werden, sich zu informieren, ob und inwieweit eine Steuerpflicht für sie besteht und ggf. eine Steuererklärung abzugeben?